07 04 2020

Digital Leadership: Führung im Zeitalter der Digitalisierung



Die Corona-Krise beweist wie wichtig die Digitalisierung für die Arbeitswelt ist. Zahlreiche Mitarbeiter und Führungskräfte arbeiten im Home-Office und versuchen über die Distanz ihre Projekte am Laufen zu halten. Das erfordert Führungskräfte, die auch virtuelle Teams mit Digital Leadership führen können.

Inspirationen dazu liefert das Buch „Digital Leadership: Wie Top-Manager in Deutschland den Wandel gestalten“. Es enthält Interviews mit Führungskräften zum Thema Führen über Distanz. Die Autoren Dr. Markus Klimmer und Jürgen Selonke erfassen CEO Digitalisierungsgeschichten in knackigen Stories. Die Interviews bieten hilfreiche Erkenntnisse durch erkennbare Muster sowie hilfreiche Ansätze für die Praxis.

Digital Leadership Typologie

Das Buch unternimmt den Versuch einer Typologisierung, einer Einordnung der interviewten CEOs in sechs Typen: „Frühe ‚Natives‘“ über „Analytiker und Verstehenwoller“ bis hin zu „Schnellen Pragmatikern“. Moderatoren des Prozesses („Leading from behind“), visionäre Führungskräfte („Leading from the front“) sowie IT- und Technologiefachleute runden das Bild ab – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Digital Leadership Typen

Sechs Typen dominieren unter den Interviewpartnern. Die Grenzen sind dabei fließend. Einige der Interviewpartner würden sich gleichzeitig in mehreren Typen wiedererkennen oder auch in keinem.

  1. Frühe „Natives“– charakterisiert durch hohe Technologieaffinität, IT-Verständnis, „Super User“ von allen technologischen Neuerungen, immer selbst vorne dran sein.
  2. „Analytiker und Verstehenwoller“– charakterisiert durch den „Ingenieurs-Ansatz“, erst alles analytisch sauber durchdringen und die Details zu verstehen, sodann dem Ganzen eine Struktur zu verpassen und auf Basis möglichst vollständiger Information zu entscheiden.
  3. „Leading from behind“: Moderatoren, die das Know-how im Unternehmen oder in der Organisation ohne Rücksicht auf Hierarchien zusammenführen und ihre Rolle eher als „Challenger“ und in der Synthese sehen.
  4. „Leading from the front“:charakterisiert durch visionäre Führungskraft mit vorbildhaftem Vorangehen, jeden Tag draußen bei Kunden und Belegschaft, oft gepaart mit öffentlichem Profil.
  5. Schnelle Pragmatiker: „Slicing the elephant“ – charakterisiert durch „undeutsche“ Tugenden wie Experimentieren oder Pilotprojekte, aber auch schnelle Entscheidungen bei Erfolg oder Misserfolg. Wenn Digitalisierung ein Elefant ist, dann kann man ihn bisher nur in Umrissen erkennen. Und anstatt zu warten, bis der Elefant ganz sichtbar ist, warum ihn nicht scheibchenweise realisieren und später ganz zusammensetzen?
  6. IT- und Technologiefachleute:Gemeint sind diejenigen, die über eine Karriere als Fachkraft in den Technologie- und IT-Bereichen zur Führungskraft aufstiegen, charakterisiert durch ein sicheres Gespür, um zwischen Hype und Substanz zu unterscheiden. Allerdings ist diese Gruppe mit nur zwei CEOs eindeutig die kleinste.

Digital Leadership: Wandel in der Führung

Sind diese Typen nun „Digital Leader“? Oder sind das nicht doch allgemeine Führungstypen, die im Kern nichts mit Digitalisierung zu tun haben? Nicht ganz, meinen die Autoren, denn sie sehen Veränderungen in sechs Mustern:

  1. Die schnellen Pragmatiker treten als neuer Typ hervor: diesen Mut zu Erfolg, Misserfolg und Experiment gab es vor der Digitalisierung kaum, bzw. war nicht so gefragt wie jetzt.
  2. Die Enabler sind als Typ in der Digitalisierung erfolgreicher, es sind neugierige Mentoren mit gering ausgeprägtem Hierarchie-Denken, die „Zusammenbringer“ (oder „leading from behind“). Viele Führungskräfte kokettieren damit, doch alles nur von ihren Enkeln zu lernen. Gerade ihnen gelingt es aber oft, mit Neugierde und Offenheit einen authentischen und effektiven Führungsstil in der Digitalisierung einzuschlagen. Ihre Stärken sind in der Digitalisierung mit ihrer oft starken Interdisziplinarität und der Integration „neuer“ und „alter“ Kulturen besonders gefragt.
  3. Vision als Impuls für Wandel für Führungskräften: „Visionary Leaders“ entdecken eine neue Offenheit an sich, sie agieren jenseits gewachsener Hierarchien und suchen Nähe zu den „Natives“. Sie legen die Krawatte ab. Vertreter der Enabler-Kategorie nähern sich in interdisziplinären Teams dem Digitalthema, entdecken es für sich, gewinnen neue Sichtweisen und entwickeln sich zu visionären Führungskräften!
  4. Neue Chancen für Fachkräfte als Führungskräfte: Digitalisierung kann Fachkräften zum Durchbruch verhelfen, denen der Weg als Führungskraft nach ganz oben bislang oft verschlossen blieb. Es liegt auf der Hand, dass dies vor allem IT- und Technologie-Manager betrifft. Ihre Fachlichkeit ist jetzt gefragt, wenn sie bereit sind, aus den fachlichen Silos herauszutreten. Das ist ihre Chance, dieses Führungskräftepotenzial zu nutzen und zu entwickeln. Die IT-Manager sind keine reine „Nerds“, denen man eine breitere Führungskompetenz nicht zutraut. Die Digitalisierung ermöglicht nun breiter aufgestellte Führungskarrieren. „Niemanden zurücklassen“, das beschreiben die Autoren eher als politische Forderung aus der Bildungspolitik. Im Kontext der Digitalisierung bekommt es eine andere Dimension: Erfolgreiche Organisationen dürfen kein Führungspotenzial unentwickelt lassen. Dies betrifft neben den IT- und Technologie-Managern auch die Personal- und HR-Manager. Gerade sie sind oft erprobte „Zusammenbringer“, die mangels direkten Durchgriffs in die Unternehmensbereiche und Divisionen das Führen über Dritte gelernt haben. In der Digitalisierung wird aus der Not eine Tugend!
  5. Neue Chancen für Generalisten: Als Allzweckwaffe füllen sie genau das Vakuum, das die Führungskräfte-Entwicklung in vielen Organisationen mitverschuldet: blitzschnell neue Situationen und Herausforderungen verstehen, in Teams an Lösungsoptionen arbeiten, sich das Thema analytisch aneignen, und dann anpacken und führen. Schnelle Veränderungen, die gewohnte Denk- und Handlungsmuster sprengen – dafür braucht es Generalisten.
  6. Neue Chancen für Seiteneinsteiger: Seiteneinsteiger im Top-Management ist bisher die Domäne der Top-Managementberater, z.B. über „Digitale Plattformen“ oder „Digital Units“ – oft aber noch jenseits des Mainstreams. Die „Infiltration“ des Mainstreams sehen die Autoren insbesondere bei den Interviewpartnern aus dem Beratungsbereich. Viele der Interviewpartner sehen die große Herausforderung und Chance darin, daraus mehr zu machen als digitale Satelliten in Berlin oder im Silicon Valley mit begrenztem Kontakt zur „Bodenstation“. Da entsteht gerade etwas Neues in Konzernen auf dem Radarschirm der Digitalisierung.

Tipps: Führung im digitalen Zeitalter

Die Charaktereigenschaften sind sicherlich hilfreich für einen guten Digital Leader. Aber wie wird man zu einem Digital Leader? Wie macht man die Rolle auch zu seiner Person? Dazu finden Sie hier sieben praktische Tipps.

  1. Rolle als Digital Leader skizzieren: Machen Sie sich zunächst eine Vorstellung von der Rolle als digitale Führungskraft. Was wird von der heutigen Führung verlangt? Wie müssen Sie auftreten? Was erwarten Ihre Mitarbeiter von Ihrem Chef?
  2. Strategie entwerfen und Ziele definieren: Nachdem Sie sich ein klares Bild verschafft haben, ist es wichtig eine gezielte Digital Leader-Strategie zu entwickeln. Hier ist die direkte Zusammenarbeit mit Ihren Mitarbeitern von Bedeutung. In einem offenen Dialog sollten Sie Ihre Strategie mit Zielen, Missionen und Zwecken ausstatten. So zeigen Sie gleich Ihre wichtigste Eigenschaft – die Wertschätzung der Teammitglieder und das Interesse an deren Meinung.
  3. Klare Richtlinien erstellen: Jetzt geht es an die Arbeit – die Zusammenarbeit. Diese muss geregelt und mit klaren Richtlinien versehen sein. Wer macht was und bis wann? Zudem braucht es Regeln für die Erreichbarkeit. Wo ist die Linie zwischen beruflicher und privater Zeit? Über welche Wege wird kommuniziert – Telefon, Firmenintranet, Social Media?
  4. Medienkompetenz ausbauen: Damit man effektiv im digitalen Zeitalter arbeiten kann, braucht es eine geschulte Medienkompetenz. Regelmäßige Schulungen, an denen Mitarbeiter sowie Führungskräfte teilnehmen, sind ein Muss und sollten ohne Weiteres in den Firmenetat einkalkuliert werden. Hier sind ebenfalls Fortbildungen in anderen Themenfeldern wichtig. Damit bleiben weder Sie noch Ihre Mitarbeiter im Alltagstrott stecken.
  5. Reputation digital fördern: Wenn die Arbeit läuft und Sie in den Prozessen angekommen sind, dann gilt es die Zusammenarbeit als ein loyales, wachsames Netzwerk zu nutzen. Besonders im Bezug auf den Social Media-Auftritt muss Ihre eigene Reputation sowie die des Unternehmens beobachtet und gemanaget werden. Kundenkontakt, Contentproduktion, Umgang mit shitstorms sind nur ein paar der relevanten Social Media-Tätigkeiten zur Förderung der Reputation. Viele aufmerksame Köpfe können hier helfen. Lassen Sie Ihren Mitarbeitern aber Freiraum für eigene Ideen und Beiträge.
  6. Effizienz mit Online-Tools
    Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter mit Online-Tools und nutzen Sie solche für die Auswertung bestimmter Prozesse, wie z.B. SEO-Analyse-Tools. Somit steigern Sie die Effizienz Ihrer Arbeit und probieren gleich Ihre gewonnenen digitalen Kompetenzen aus.
    7. Fehlern konstruktiv entgegen treten: Gerade in einem Wandel passieren Fehler. Sie sind menschlich. Diese müssen genannt werden, aber nicht immer auch sanktioniert. Gehen Sie konstruktiv mit eigenen, aber vor allem anderen Fehlern um. Suchen Sie das vertrauliche Gespräch, bleiben Sie sachlich und suchen Sie nach den Ursachen. So gewinnen Sie womöglich direkt Feedback über Schwierigkeiten in den Arbeitsprozessen, die von Grund auf verbessert werden müssen. Versuchen Sie den Fehler gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern zu beheben, um die Motivation für weitere Prozesse zu zündeln.

Fazit: Inhaltliche Herausforderungen werden mit virtuellen Teams vielfältiger und anspruchsvoller. Neben der Fachlichkeit der Branchen und der individuellen Geschäftsmodell-Anpassungen sind vermehrt auch IT- und Personal-Themen stärker auf die Agenda von Digital Leadership gerückt.

Wir unterstützen Sie gern bei Ihrer Digital Strategie, schreiben Sie uns einfach eine E-Mail.

Tags: Digital Leadership

Über Dr. Claudia Hilker

Dr. Claudia Hilker

Dr. Claudia Hilker ist Expertin für KI-Beratung und Digital Marketing im B2B-Bereich Mit fundiertem Wissen in BWL, IT und Marketing entwickelt sie transformative KI-Strategien für digitale Geschäftserfolge. Als Bestseller-Autorin und Dozentin in bietet sie zudem praxisnahe Schulungen an. Ihre Mission ist es, die digitale Transformation von B2B-Unternehmen mit echten Resultaten vorantreiben. Abonniere ihren Newsletter für aktuelle News und folge ihr auf LinkedIn.

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